derstandard.at: igevia – Ein Erfahrungsbericht

Die Online-Ausgabe der Qualitätszeitung „Der Standard“ nimmt in einem ausführlichen Erfahrungsbericht den Allergietest von igevia genauer unter die Lupe.

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Do-it-yourself-Allergietest

Redakteuerin: Karin Pollack, derstandart.at

Endlich einmal ganz genau wissen wollen, worauf man niesen und schneuzen muss – beim Allergietest von Igevia nimmt man sich selbst Blut ab.

Es ist schon erstaunlich, was mündige Patienten heute alles leisten können. Mithelfen, könnte man sagen, denn ob ein Allergiker sich wirklich als Patient bezeichnen würde, ist die entscheidende Frage. „Die drei Monate im Jahr stehe ich durch“, sagt mein Proband, den ich bitte, einen Allergietest auszuprobieren. Der gibt einem viel gründlicher als der in Allergielabors angewendete Bric-Test Auskunft darüber, welche Stoffe das körpereigene Abwehrsystem zum Überreagieren bringen.

Mein Proband war vor vielen, vielen Jahren schon einmal im Allergielabor und hat den Besuch in wenig angenehmer Erinnerung. Einmal ganz abgesehen davon, dass er dort drei Stunden gesessen ist und gewartet hat, wurde dann seine Haut eingeritzt. Dass er auf Gräserpollen allergisch ist, hatte er sich schon vorher gedacht, sich aber gegen eine Therapie entschieden. Die Vorstellung, alle sechs Wochen im Allergielabor zu sitzen und zu warten, war mit seinem beruflichen Engagement nicht vereinbar.

Und, so denkt er bis heute, die drei Monate im Sommer sind noch jedes Jahr wieder vorbeigegangen. Dieses Jahr dauert das Niesen und Schneuzen aber schon sehr lange an. „Das kann doch nicht sein, bin ich vielleicht auf etwas Neues allergisch?“ Die Neugierde war schließlich so groß, dass er dem Do-it-yourself-Allergietest zustimmte.

In Wien entwickelt

Igevia heißt das Toolkit, das von einem Start-up in Wien zusammen mit der Berliner Charité entwickelt wurde. Man kann es im Internet um 148 Euro bestellen. Das ist teuer, dafür verspricht der Test wesentlich genauere Ergebnisse als die von der Krankenkasse bezahlte Diagnostik, vor allem werden auch Kreuzallergien ausgewiesen – und das alles schriftlich als Liste. „Vielleicht muss ich dann einfach nur ein paar Nahrungsmittel weglassen“, so die Hoffnung beim Öffnen der schlanken Verpackung.

Man soll sich 15 Minuten Zeit nehmen, ein Glas Wasser trinken und sich vor Gebrauch zwei Minuten lang die Hände waschen. Aber halt noch: Zuvor muss man sich im Internet noch registrieren und einen Fragebogen ausfüllen. „Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie an einer Allergie leiden, liegt bei 75 Prozent“, erfährt mein allergischer Freund, der momentan nicht genau weiß, was er von dieser Aussage halten soll.

Also weiter mit Blut. Das Toolkit ist ausgepackt. Die beiden alkoholischen Tupfer und zwei Pflaster liegen feinsäuberlich neben den Lanzetten mit den lila Kappen. „Die Spitze abdrehen und in sich dann in den Mittel- oder Ringfinger ritzen. Dieser Teil des Selbsttests ist sicherlich am aufregendsten. Jetzt geht es los.

In den Fingerballen ritzen

Das erste Mal ritzen klappt nicht. Nach dem allerersten Blutstropfen kommt keiner mehr nach. „Irre gute Gerinnung“, sagt der Allergikerproband nach ein paar Minuten und starrt auf seinen trockenen Finger. Auch im Labor kommt so was vor, denken wir uns – und sind froh, dass eine zweite Lanzette beiliegt. Diesmal läuft es erfolgreicher. Ganz langsam tropft das Blut in ein kleines Röhrchen, das in einer Halterung in der Verpackung auf dem Tisch steht. „Gut durchdachte Verpackung“, denken wir uns und schauen zu, wie sich das Röhrchen langsam füllt. Dann folgen wir den schriftlichen Anweisungen: Das eine Röhrchen kommt in ein anderes und dann schließlich in ein silberglänzendes Kuvert, das noch am selben Tag zur Post muss, um ins Igevia-Labor zu kommen – all das ist für den Allergiker gratis.

Am nächsten Tag gleich kommt die Meldung, dass das Blut gut im Labor eingetroffen ist. „Ein gutes Gefühl“, sagt der Allergikerfreund, ein großer Anhänger von Customer-Care, also der guten Kundenbetreuung. Und noch einen Tag später sind sie dann da, die Ergebnisse.

Und das ist dann wirklich erhellend. Dass mein Freund gegen Gräser allergisch ist, das wusste er. Aber nun weiß er auch, gegen welche genau. Eines heißt Lieschgras, ein anderes Lolch, allesamt Süßgräser. Er wird sie in seinem Garten suchen und ausreißen. Auch die Ulme empfindet sein Immunsystem als Feind. Doch richtig interessant war, dass seine Allergiewerte vor allem bei Pilzsporen durch die Decke gingen. Pilzsporen? Das wusste er nicht.

Ab zum Arzt

Ob diese Ergebnisse seriös sind? Ja, steht auf der Website, denn es ist kein IgG-Test, mit denen allfällige Nahrungsmittelintoleranzen aufgespürt werden sollen, sondern ein IgE-Test (Immunglobuline E), für den es wissenschaftliche Beweise gibt. Und, so steht es geschrieben: Der Test ist kein Ersatz für den Besuch beim Arzt, im Gegenteil, er soll zum Besuch beim Allergologen animieren. Den wird mein Freund wegen der Pilzsporen auch kontaktieren.

Die unendlich lange Liste mit Pflanzen und Lebensmitteln überfordert medizinische Laien, das will man sich dann doch von einem Experten ausdeutschen lassen. Das Ziel dieser 148 Euro: sich für eine Immunisierung gegen das detektierte Allergen zu entscheiden. Ob sich der Proband dazu durchringen wird, ist die tatsächlich entscheidende Frage. Im Herbst würde nämlich die Saison für die Immuntherapie beginnen.

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